Dr. med. Udo Böhm

Blog Post

Evidenzklassen und orthomolekulare Medizin

  • von Udo Böhm
  • 03 März, 2018

Die heutige wissenschaftliche Medizin fordert als Hauptkriterium für ihre Wirksamkeit eine sogenannte „Evidenz", die sich im Wesentlichen auf die Ergebnisse von Studien beruft  und als „Studien-Evidenz“ bezeichnet werden könnte. Bei dieser Evidenz handelt es sich um eine „relative“ Evidenz, bei der üblicherweise eine ärztliche Maßnahme bezüglich ihrer Wirksamkeit mit einer anderen Maßnahme (z.B. einem Placebo) verglichen wird. Es sei hierzu angemerkt, dass diese Evidenz nicht unumstritten ist und in dieser Evidenz andere für die Wirkung von medizinischen Maßnahmen wichtige Kriterien häufig nicht berücksichtigt werden (z.B. Compliance des Patienten und des Arztes, Funktionsfähigkeit des Magen-Darm-Trakts, biochemische Grundlagen).

Leider wird diese Studien-Evidenz zudem auf Grund von Missverständnissen und Wissensmängeln häufig fehlinterpretiert. Davon betroffen ist zum Beispiel die Orthomolekularmedizin, die vor allem mit Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Fettsäuren, Aminosäuren und sekundären Pflanzenstoffen in unterschiedlichen Dosierungen und Wirkstärken arbeitet (z.B. niedrigdosiert in der Prävention und hochdosiert in der Behandlung). Ihr wird von schlecht informierten „Experten“ häufig vorgeworfen, dass ihr jegliche Evidenz fehle. Diese Behauptung ist falsch.

Zur Begründung dieser meiner Einschätzung muss ich zunächst die Grundlagen der Evidenz vorstellen. Es wird derzeit über 4 Studien-Evidenzklassen gesprochen, von denen aber nur die Klassen 1 und 2 von der wissenschaftlichen Medizin als wertvoll anerkannt werden.

Der Evidenzklasse 1 wird die höchste Evidenz zugeordnet und sie stellt folgende Anforderungen an Studien zu der jeweils untersuchten Maßnahme:

·    Es muss sich um Reviews, Meta-Analysen oder um hochwertige randomisierte kontrollierte Studien handeln.

·    Die Ergebnisse der kritischen Betrachtung müssen homogen, reproduzierbar, positiv und unempfindlich gegenüber äusseren Einflüssen sein.

Eine Maßnahme, die diese Kriterien erfüllt, ist in diesem Fall unbedingt empfehlenswert, ihre Wirksamkeit gilt als bewiesen.

In Bezug auf die Orthomolekularmedizin gilt die Evidenzklasse 1 zumindest für die Therapie bestimmter Mangelerkrankungen, wie Eisen-, Zink-, Jod-, Folsäure-, Vitamin B12-, Vitamin C- oder Vitamin D-Mangel, wo zudem keinerlei alternative Behandlungswege vorliegen.

Damit Studien in der wissenschaftlichen Medizin der Evidenzklasse 2 zugeordnet werden dürfen, müssen sie folgende Kriterien erfüllen:

·    Es muss sich um randomisierte kontrollierte Studien mindestens „mäßiger Qualität“, um gut geplante Kohortenstudien oder um Fall-Kontroll-Studien handeln.

·    Ihr Evidenzniveau gilt dann als hoch, wenn die Ergebnisse bei kritischer Betrachtung in der Mehrzahl der Studien als positiv beurteilt werden.

Man spricht dann von „standard of care“. Die Maßnahmen sind für die Nutzung in der Medizinpraxis anerkannt und werden teilweise auch als „Therapie der Wahl“ klassifiziert.

Für die präventiven und therapeutischen Indikationen, bei denen Mikronährstoffe sinnvoll eingesetzt werden können (z.B. in der Kardiologie, der Onkologie, der Orthopädie, der Augenheilkunde, der Dermatologie oder der Gynäkologie) liegen fast ausnahmslos mindestens Studien der Evidenzklasse 2 und vermehrt auch der Evidenzklasse 1 vor. Die entsprechenden Daten sind bei entsprechendem Interesse für jeden Mediziner zugänglich (z.B. in Internetdatenbanken und in der aktuellen Fachliteratur).

Dies bedeutet, dass die Wirksamkeit der Orthomolekularmedizin ausreichend abgesichert ist und (zumindest komplementär) für den Einsatz in der evidenzbasierten Medizin geeignet ist. Der Vorwurf fehlender Evidenz ist deshalb heute ganz sicher nicht haltbar. Ärztliche Meinungsbildner, die dies ohne stichhaltige Beweise weiterhin behaupten, müssen sich ihrerseits den Vorwurf der bewussten und absichtlichen Falschinformation gefallen lassen.

Nicht vergessen möchte ich zudem in diesem Blog den Hinweis auf eine zweite leider häufig von Medizinern vernachlässigte Evidenzart, die „biochemische Evidenz“. Hierbei handelt es sich im Gegensatz zur oben genannten relativen Studien-Evidenz um eine objektive Evidenz, die besagt, dass die Effekte einer Substanz im menschlichen Stoffwechsel auf abgesicherten biochemischen Grundlagen beruhen. Ein Mangel an diesem Stoff bewirkt dann zum Beispiel, dass lebensnotwendige Stoffwechselvorgänge verzögert oder gar nicht mehr ablaufen. Für die Orthomolekularmedizin liegt eine hohe biochemische Evidenz vor, weil ihre Aufgaben im menschlichen Stoffwechsel bekannt sind, was in jedem Biochemiebuch nachgelesen werden kann und weil damit die Notwendigkeit bzw. Unverzichtbarkeit einer optimierten Versorgung mit Mikronährstoffen nachgewiesen ist.

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Ihr Udo Böhm

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